True Crime in den Bergen – Wie 50 gewilderte Alpensalamander zur Hoffnung für den „Lurch des Jahres 2026“ werden

2025True Crime in den Bergen – Wie 50 gewilderte Alpensalamander zur Hoffnung für den „Lurch des Jahres 2026“ werden

Wie 50 gewilderte Alpensalamander zur Hoffnung für den „Lurch des Jahres 2026“ werden

Manche schlimmen Geschichten gehen am Ende doch noch gut aus. Diese hier hoffentlich auch. Denn die gut 50 Al-pensalamander, um die es geht, wurden zum Opfer eines Verbrechens – und könnten nun den Grundstein legen zur Rettung ihrer Verwandtschaft. Die Wildtier- und Artenschutzstation Sachsenhagen hat in Kooperation mit Citizen Conservation (CC) sowie dem Erlebnis-Zoo Hannover ein Kompetenzzentrum Alpensalamander geschaffen, um die Geheimnisse der Haltung und Vermehrung dieser hochalpinen Amphibienart zu lüften, die gerade eben zum „Lurch des Jahres 2026“ ausgerufen wurde.

Ein dunkles Geheimnis im Keller
Im Herbst 2024 wurden in einem Keller einer Privatperson mehrere Dutzend Alpensalamander behördlich beschlagnahmt. Sie waren zuvor illegal in den italienischen Alpen abgesammelt worden. Es handelte sich dabei um Exemplare von drei extrem seltenen und vom Aussterben bedrohten Arten bzw. Unterarten dieser Amphibien, die ausschließlich in wenigen abgelegenen Tälern in alpinen Höhenlagen vorkommen. Der zur Hilfe gerufene Salaman-der-Experte und Privathalter Uwe Seidel reagierte umgehend und informierte Citizen Conservation über den Fund: „Mir war sofort klar, dass diese Tiere einen unschätzbaren Wert für die Arterhaltung haben und unbedingt in ein Schutzprojekt gehören.“

Eine Rückführung in den ursprünglichen Lebensraum kam nach Rücksprache mit den zuständigen Artenschutzbe-hörden nicht in Frage. Gleichzeitig ist die Lage dieser Alpensalamanderformen ohnehin schon so prekär, dass es zu ihrem Erhalt dringend geboten ist, ein Nachzuchtprogramm in menschlicher Obhut aufzubauen.

Zunächst einmal jedoch ging es darum, die Tiere, die zum Teil in sehr schlechtem Gesundheitszustand waren, zu stabilisieren. Uwe Seidel nahm sich auf Bitte der Naturschutzbehörde dieser Aufgabe an. Über ein halbes Jahr lang päppelte er die in erwachsenem Zustand gerade einmal 15 cm großen Pfleglinge auf. Währenddessen suchte CC nach geeigneten Institutionen, die Willens und in der Lage wären, entsprechende Räumlichkeiten und Personal zur Verfügung zu stellen, um in das Projekt einzusteigen. Björn Encke, Geschäftsführer von Citizen Conservation: „Ziel war es, das Risiko auf zwei Standorte zu verteilen, die in der Nähe von Uwe Seidel liegen sollten, weil wir auf seine Expertise in Sachen Salamanderhaltung nicht verzichten wollten. Dass sich der Erlebnis-Zoo Hannover und die Wild-tier- und Artenschutzstation Sachsenhagen sofort entschieden haben, mitzumachen, war ein absoluter Glücksfall.“ Nach Zustimmung durch den für den Fall verantwortlichen Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) konnte mit den Vorbereitungen begonnen werden.

Hochgebirgsspezialisten
Die aus Gebirgslagen stammenden Alpensalamander brauchen es kalt. Entsprechend wurde im Zoo ein Kellerraum vorbereitet – und in Sachsenhagen gleich ein ganzer Bunker. Florian Brandes, Leiter der Wildtier- und Artenschutz-station: „Auf unserem Gelände stehen eine ganze Reihe alter NATO-Munitionsbunker. In diesen liegen die Tempe-raturen ganzjährig zwischen 5 und 14 Grad. Das sind ideale Voraussetzungen für Alpensalamander, die eine kühle Haltung mit starker nächtlicher Absenkung der Temperaturen wie in den Alpen benötigen und auch noch einen großen Teil des Jahres in Winterruhe verbringen.“
Mit finanzieller Hilfe von Citizen Conservation konnte in wenigen Wochen eine Haltungsanlage aufgebaut werden, streng nach den Vorgaben von Uwe Seidel: „Wir wissen so gut wie nichts darüber, was Alpensalamander brauchen, um nicht nur gesund zu bleiben, sondern auch zur Paarung zu schreiten – da werden wir vermutlich einiges aus-probieren müssen, um zum Erfolg zu kommen.“

Die Fortpflanzung bei Alpensalamandern ist extrem langwierig und langsam. Diese Amphibien sind lebendgebärend. Sie bringen alle zwei bis vier Jahre nur je zwei Jungtiere zur Welt. Der Grund dafür ist die Kälte in ihrem Lebens-raum. Im Hochgebirge steigen die Temperaturen nur wenige Monate im Jahr auf ein für wechselwarme Tiere wie die Salamander zuträgliches Maß, den Rest des Jahres verbringen sie in Winterstarre. Diese Zeit würde nicht rei-chen, um Larven oder gar Eier abzusetzen, die sich dann, wie bei den meisten anderen heimischen Amphibien, im Wasser entwickeln. Angesichts dieser Wetteraussichten ist es also die bessere Wahl, nur sehr wenige Jungtiere direkt im Mutterleib auszutragen. Diese hochspezialisierte und zeitaufwändige Reproduktion macht den Alpensala-mander gleich doppelt anfällig. Zum einen können Wilderer den Bestand durch das Absammeln auch von relativ wenigen Individuen empfindlich schädigen, zum anderen macht diese Anpassung an die Verhältnisse im Hochgebir-ge sie besonders empfindlich gegenüber klimatischen Schwankungen, wie sie in der Folge des Klimawandels zu erwarten sind. Hinzu kommt seit einigen Jahren eine weitere Gefahr durch den nördlich der Alpen grassierenden Salamanderfresser-Pilz, der in den Feuersalamanderbeständen Europas zu erschreckenden Massensterben führt. Verbreitet wird der Pilz auch über seine Sporen, die in Schlamm, an Pflanzen oder Tieren haften können – bei-spielsweise an den Schuhen von ebenjenen Schmugglern, die illegal Lurchen hinterherjagen.

„Die Bedrohungslage des Alpensalamanders ist sehr ernst“, betont der zoologische Kurator Robin Walb aus dem Erlebnis-Zoo Hannover. „Wir haben jetzt die Chance, die Tiere unter kontrollierten Bedingungen zu erforschen und zu vermehren, um ein Aussterben zu verhindern“. So könnten nach Möglichkeit später einmal Tiere wieder in ge-eigneten Lebensräumen angesiedelt werden. Mit dem Kompetenzzentrum Alpensalamander in Niedersachsen ist hierzu ein erster Schritt getan.

Citizen Conservation hat einen siebenminütigen Film rund um die Rettungsaktion für die beschlagnahmten Alpensa-lamander gedreht (YouTube: Citizen Conservation, https://youtu.be/7XjmHaeNN74). Das Material kann gegen eine Schutzgebühr clean feet zur Verfügung gestellt werden. Anfragen bitte an:

„Lurch des Jahres 2026“
Am 16.11.2026 wurde der Alpensalamander von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) zum „Lurch des Jahres 2026“ ausgerufen. Mit dieser Aktion soll auf die Gefährdung dieses ausschließlich im Bereich der Alpen vorkommenden Hochgebirgsspezialisten unter den einheimischen Amphibien hingewiesen wer-den. Weitere Informationen und umfangreiches Informationsmaterial dazu finden Sie u. a. auf der Website der DGHT: www.dght.de

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